Warum man keine Tagestour zur Halong Bay machen sollte

Schiffe bei einer Tagestour zur Halong Bay

Wenn man nach Vietnam fährt, dann gibt es neben Hanoi und Ho Chi Minh Stadt noch eine Pflichtadresse – die Halong Bay. Wir haben von Hanoi aus eine Tagestour zur Halong Bay gemacht. Hätten wir das lieber nicht gemacht. Es war nicht schlecht, aber ich kann euch nur davon abraten. Und hier kommt die Begründung.

Nichts wird so stark propagandiert, wie ein Ausflug ins Weltnaturerbe, immer sieht man die tollen Bilder den traditionellen Dutschken in türkisgrünem Wasser und den grünen Felsen, die in einer gewaltigen Fläche aus dem Wasser ragen (auf meinen Fotos sieht es übrigens realistisch aus). Und natürlich lassen sich da gute Geschäfte herausschlagen, leider sehr zum Nachteil für ein von der UNESCO geschütztes Gebiet.

Aber nun mal von vorn.

Lohnt sich eine Tagestour zur Halong Bay?

Hanoi als Metropole bietet sich wie kein anderer Ort für einen Tagesausflug nach Halong an. 120km Entfernung sind für ein Land wie Vietnam nicht besonders viel. Wie viele Aktivitäten kann man Tagestouren günstig in den kleinen Reisebüros an jeder Straßenecke Hanois buchen, in den Katalogen der Hostels oder auch im Internet. Da ich ein skeptischer Mensch bin und weiß, wie einfach Touristen abgezockt werden können, buche ich bei vergleichbaren Preisen auf Plattformen wie Tripadvisor. Als Sparfuchser haben wir nicht nur aus Zeit- sondern auch aus finanziellen Gründen nach Tagestouren mit dem besten Preisleistungsverhältnis gesucht und haben uns für eine Tour für etwa 35 Euro pro Person entschieden. Diese beinhaltete die Abholung von der Unterkunft, die Fahrt zur Bucht, die Fahrt mit dem Ausflugsschiff, Mittagessen, eine Höhlentour und die Rückfahrt. Uff, ganz schön viel für einen Tag? Sicherlich.

Die Bestätigung folgte schnell per Whatsapp mit der Bitte um Rückmeldung, sollte es Vegetarier unter den Gästen geben. Da ich keinen Fisch esse und wir auf (hohe) See fuhren, habe ich mich für das vegetarische Essen entschieden. Unser Kontakt war sehr freundlich und informierte uns darüber, dass wir am Folgetag gegen 5.30 Uhr am Hostel abgeholt würden.

Red Flag Nummer 1: Die Anfahrt

In SOA sollte man es mit den Zeiten nicht immer so genau nehmen. Als Deutsche halte ich mich natürlich an die Uhrzeiten und zu meiner Überraschung stand unser Guide schließlich 5.30 Uhr an der Tür. Wir waren die ersten Gäste im Kleinbus, der etwa 30 sehr schmale Sitzreihen besaß, was sich dann aber doch als Nachteil herausstellte, denn nach der Fahrt voller Umwege durch die Altstadt Hanois, hatten wir nach 45 Minuten die Stadt noch immer nicht verlassen.

Doch vor uns lag eine laaaaaaaange Fahrt: Der Bus braucht geschlagene vier Stunden für diese übersichtliche Strecke. Liegt es an den Straßen? Aus meiner Erfahrung muss man auch für kurze Strecken viel Zeit einplanen. Nur… diese Strecke schafft man auch in zwei Stunden, wenn man die kostenpflichtigen Straßen nutzt. Das Tour-Unternehmen versucht hier also Geld zu sparen und vergeudet damit unglaublich viel Zeit.

Red Flag Nummer 2: Der Happy Place

Der Tour-Guide an sich ist freundlich und weiß die Leute zu unterhalten. Er erzählt viel über die vietnamesische Lebensweise und Kultur, die Landschaft und den Häuserbau. Na wenigstens macht das die Fahrt etwas erträglicher. Nach zwei Stunden macht der Busfahrer eine Pause. Wir bekommen einen Badge mit der Busnummer und halten also im vom Guide angepriesenen “Happy Place”, einer Art Markthalle für allerlei Firlefanz, den ich auf dem Weg zu meinem Ausflug nun wirklich nicht brauche.

Tagestour zur Halong Bay
Wo sind denn die happy people im Happy Place?

Hier kann man Gemälde, Stoffe, Teppiche, abgepackte Lebensmittel und Snacks und Getränke (schlechten Instantkaffee – und das in der Kaffeenation Vietnam!) zu überteuerten Preisen erwerben. Man muss den Bus verlassen und auf die andere Seite gehen, um nach 20 Minuten den Bus wieder zu betreten. Natürlich mit den tollen Dingen, die man sich gerade gekauft hat. Hier trifft man auch gleich auf Gleichgesinnte aus anderen Touristenbussen, die auch am liebsten Reisaus nehmen würden. Zumindest sehen die langen Gesichter danach aus. Ob das bei teureren Touren auch auf dem Plan steht, kann ich nicht sagen, aber ich gehe davon aus, dass der Tourveranstalter ordentlich Provision einfährt, wenn er seine Gruppe durch diesen bizarren Ort schleust.

Ankunft an der Halong Bay

Es geht weiter und wir kommen endlich an. Unser Guide besorgt in der überfüllten Hafenhalle unsere Tickets, händigt sie uns aus und führt uns durch die Halle an den Pier, an dem man zum ersten Mal merkt, was für eine Touristenmaschinerie das eigentlich ist: Boot um Boot reihen sich die kleinen Ausflugsdampfer den Pier entlang, sicher sind es 40 bis 50.Wir betreten das Boot und setzen uns an die Tische, die links und rechts im Raum aufgereiht sind. Es gesellt sich eine weitere Gruppe hinzu und am Ende sind etwa 50 Touristen auf dem Boot.

Nun stellt euch vor, 50 Schiffe mit je etwa 50 Touristen verlassen etwa zeitgleich den Hafen und das täglich. Und da sind die Übernachtungsdampfer noch nicht einmal eingerechnet. Hier zeigt sich das ganze Ausmaß des Massentourismus. Eigentlich sieht man neben der spektakulären Landschaft vor allem andere Touristenboote. Der ganze Ort ist leider überrannt – und das nur im Winter.

Schiffe in der Halong Bay
Schiffe über Schiffe über Schiffe…

Und wir fahren los

Das versprochene Mittagessen folgt auch und enttäuscht nicht. Reis, Fischplatten, Hühnchen mit Gemüse, Teigtaschen und Reisbällchen füllen unseren großen Tisch. Getränke sind übrigens nicht inkludiert 😉 Danach geht es dann endlich aufs Außendeck. Mit Sicherheit nimmt es die Reederei auch nicht genau, sodass man eigentlich auch am Heck des Schiffs ins Wasser springen könnte. Da wir leider schlechtes Wetter hatten, liegen die Felsen im Nebel – die Stille wirkt mystisch, aber irgendwie auch etwas gruselig.

Der nächste Zwischenstop kommt schneller als gedacht

Nach nur einer Stunde Fahrt erreichen wir unseren nächsten Halt – eine Insel mit einem Höhlensystem. Durch dieses führt uns unser Guide und wirkt dabei wie gehetzt. Schnell schnell, von einer Formation zur nächsten, erzählt er etwas über die Entstehung und die Legenden. Nach nur einer halben Stunde sind wir wieder draußen und haben natürlich Zeit für den (schlecht bestückten) Souvenirshop. Und an diesem Punkt bin ich wirklich genervt. Für die lange Anfahrt waren wir nicht besonders lange auf dem Wasser, mussten beinahe durch die Höhle rennen und nehmen nun Anfahrt auf die nächste Insel. Dort haben wir die Wahl in ein kleines Boot zu steigen, um in seichte Gewässer gefahren zu werden oder das Ganze mit Paddelbooten selbst zu erkunden. Wir entscheiden uns für das Paddelboot und paddeln fleißig los, denn… wir haben nur eine halbe Stunde.

Wenigstens war die ganz spaßig, denn wir konnten selbstständig die Gegend erkunden und in die Lagunen paddeln. Dabei komme ich zum ersten Mal mit dem Wasser in Berührung und obwohl es die letzten Tage nur geregnet hat und es an sich auch kalt war (15°C), ist das Wasser unglaublich warm und auch aus der Nähe genauso schön türkis, wie man sich das vorstellt. Aber die Paddeltour war so nass, dass unsere Sachen komplett durchnässt sind. Zum Glück haben wir für solche Zwecke ja wasserdichte Taschen dabei.

Tagestour zur Halong Bay
Bei Regen macht das Ganze keinen Spaß 🙁

Red Flag Nummer 3: Die Zeit

Zurück auf dem Schiff geht es wieder in Richtung Hafen. Leider. Wenn man auf die Uhr blickt, stellt man fest, dass keine vier Stunden vergangen sind, seit wir in See stachen. Natürlich wusste ich, dass man nicht alle Zeit der Welt haben wird, wenn man nur eine Tagestour macht, aber für die unnötig lange Anfahrt ist das sehr enttäuschend. Die Halong-Bucht besteht aus tausenden von kleinen Inseln, aber man sieht so nicht einmal einen Bruchteil. Eigentlich sieht man sogar immer den Hafen. Und ob ich so wirklich die Highlights der Landschaft gesehen habe? Ich glaube kaum.

Die Rückreise nach Hanoi

Wir sitzen also nach nur vier Stunden Powerprogramm wieder in unserem Bus in Richtung Hanoi. Natürlich dauert auch die Rückfahrt vier Stunden und wir halten – wo auch sonst – mal wieder im Happy Place. Denn wenn wir vormittags keine Souvenirs gekauft haben, dann haben wir ja jetzt noch die Chance. Gegen 21 Uhr sind wir wieder in Hanoi und zum Glück auch wieder an unserer Unterkunft. Wenigstens wurden wir nicht irgendwo rausgeworfen.

Fazit: ernüchternd.

Ich kann eigentlich nur davon abraten, eine Tagestour mit Hanoi als Ausgangspunkt zu machen. So praktisch und günstig das auch sein mag, es lohnt sich nicht und am Ende werdet ihr höchstwahrscheinlich enttäuscht sein. Man wird durch alles wie auf einer Überholspur durchgeschleust und das rechtfertigt die lange Fahrt nicht. Ich wäre auch bereitgewesen, fünf oder zehn Euro mehr zu zahlen, um die schnelle Strecke zu fahren und mehr Zeit für die Bootstour zu haben.

Was mache ich statt einer Tagestour?

Nehmt euch Zeit – vielleicht zwei oder drei Tage und reist mit dem Linienbus nach Halong. Das kostet je nach Fahrdienst zwischen 5 und 10 Euro. Übernachtet dort und kauft euch vor Ort Tickets für eine Bootstour (Kosten pro Person ab 10 Euro). Wenn ihr mögt und das Wetter lässt es zu, bucht eine Übernachtung auf einem Schiff. Dieses fährt tiefer in die Bucht hinein und es ist ein tolles Erlebnis, auf einem Schiff zu übernachten. Besser noch: andere Traveller haben mir erzählt, dass Cat Ba ein idealer Ausgangspunkt für Individual-Ausflüge abseits der Touristenmassen ist. Angesichts dessen, was ich gesehen habe wohl die bessere Alternative.

Überlegt daher lieber zweimal, ob ihr hier an Zeit und Geld sparen wollt. Ein solch imposanter Ort verdient eure volle Aufmerksamkeit.

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