Von Hanoi bis Saigon mit der Bahn – die angenehmste Art durch Vietnam zu reisen

Eine der Bahnen, die von Hanoi bis Saigon fahren

1650 Kilometer liegen zwischen dem nördlichsten und dem südlichsten Punkt Vietnams. Da bietet es sich regelrecht an, das Schienenverkehrsnetz zum Reisen zu nutzen. Wenn man von Hanoi bis Saigon mit der Bahn fährt, hat man nicht nur ein recht zuverlässiges Verkehrsmittel, sondern betritt auch ein rollendes Hotel. Wie alles funktioniert, erzähle ich in diesem Post.

Was haben wir in Vietnam nicht alles gemacht. Wir saßen auf dem Moped, sind mit Vietnam Airlines geflogen, lagen im Sleeper Bus und in einem normalen Bus mit VIP-Sitzen. Ähnlich wie in Laos rollt der Verkehr nicht besonders schnell. Obwohl es doch weniger Autos als Motorräder gibt, die alle in der Spitze vielleicht 60 km/h fahren, kann es allerdings etwas länger dauern. Daher war die Bahnfahrt wohl das Angenehmste.

Vietnam Zug in Hue
Am nassen Bahnhof in Hue

Das Schienennetz ist recht übersichtlich. Hauptsächlich verkehren mehrere Züge täglich auf der Strecke zwischen Hanoi und Ho Chi Minh Stadt/Saigon, die Nordstrecke schlängelt sich noch bis Lao Cai, um dort die Grenze nach China zu überqueren. Andere Nebenstrecken haben gar andere Spurbreiten, da sie vor allem für den Gütertransport vom “großen Bruder” aus dem Norden bestimmt sind. Daher bietet sich die Bahn, die staatlich betrieben wird, eigentlich perfekt an, wenn man Ausflüge in die Berge nach Sapa machen oder entlang der Küste die wichtigsten Städte mitnehmen will.

Die Zugauswahl ist entscheidend für den Komfort

Bevor man sich überlegt, zu welcher Zeit man abfahren will, sollte man lieber den “richtigen” Zug auswählen. Fakt ist: die Kosten variieren von Bahn zu Bahn, denn die Standards sind sehr unterschiedlich. Je niedriger die Zugnummer, desto höher ist der Standard. Auch die Bezeichnung ist von Bedeutung: SE-Züge sind schneller, moderner und besser ausgestattet, als Züge mit TN-Kennung. Von super über naja bis ziemlich ekelhaft war für mich alles dabei. Dazu komme ich aber noch. 😉

Der Ticketkauf ist denkbar einfach

Tatsächlich ist das in Vietnam wirklich einfacher als man denkt. Es gibt viele Apps und Seiten im Internet, die man anlaufen kann (vorsicht vor Fake-Shops!!!), die wahrscheinlich am einfachsten und sichersten ist Baolau. Dort wählt man sein Ticket und seinen Sitzplatz/Bett und zahlt mit Kreditkarte. Danach erhält man sein Ticket inklusive QR-Code per Mail. Ob man da günstiger kommt als über Agentur bzw. Schalter? Fraglich. Natürlich muss man bei allen Online-Anbietern eine prozentuale Gebühr zahlen, die man vor Ort meist nicht berappen muss. Dafür ist man aber auf der sicheren Seite was den Wunschsitzplatz angeht.

Es ist natürlich unproblematisch, zum Bahnhof zu gehen und dort direkt und in bar zu bezahlen, kurz bevor man fährt. Hat man dann das Ticket in der Hand (oder auf dem Smartphone), ist es ähnlich wie in der Londoner U-Bahn: der QR-Code wird am Bahnsteig gescannt und die Schranke lässt einen hindurch.

Eine Besonderheit des Eisenbahnbetriebes ist übrigens, dass manche Wagen privaten Betreibern gehören, sogenannten Tourist Trains (z.B. “Violette Trains”). Diese sind meist teurer, warten dafür aber mit schöner gestalteten Abteilen und Gratis Getränken auf. Wer das allerdings nicht braucht, muss sich diesen “Luxus” nicht gönnen.

Die Zugklassen in der Übersicht

Die Bahn ist immer gleich aufgebaut. Da die meisten Züge die gesamte Strecke fahren und diese je nach Halten zwischen 27 und 33 Stunden dauert, gibt es drei bis vier verschiedene Klassen:

  • Hard Seat
  • Soft Seat
  • 6-berth Sleeper
  • 4-berth Sleeper
  • (VIP)

Hard Seats – nur für Hartgesottene

Hard Seats sind sehr billig, aber nach meiner Erfahrung selten verfügbar. Meistens werden sie nur auf Teilstrecken eingesetzt, auf denen man nicht viel Zeit verbringen muss. Es sind reine Holzbänke, die keinerlei Komfort bieten. Oftmals gibt es auch nur Deckenventilatoren und keine Klimaanlage. In den heißen, feuchten Sommern in die Hölle. Dafür sind sie wirklich preiswert (ca. 10 Euro für eine 8-stündige Strecke).

Soft Seats – super Komfort

Soft Seats sind die komfortable Art, über den Tag zu reisen. Die Ledersitze sind breit und bequem, haben einen großen Abstand zum Vordermann und können dementsprechend in eine gute Liegeposition gebracht werden. Viele Leute nutzen dies als billige Alternative zum Schlafwagen – man kann ja auch gut schlummern in den bequemen Sitzschalen. Der Lautstärkepegel ist aber recht hoch, denn wie wir es von der DB kennen, handelt es sich hier um ein Großraumabteil. Im Vergleich zu den Hard Seats zahlt man entsprechend mehr (15 Euro statt 10 Euro, wie im oben genannten Beispiel).

6-berth Sleeper für gesellige Gruppen

6-berth Sleeper sind, wie der Name bereits sagt, abschließbare Abteile mit 6 Betten. Für größere Gruppen ist das natürlich ideal, aber wenn man sich die gesamte Strecke antut, kann es schnell eng werden. Die Betten sind sehr dünn, um den Platz möglichst gut auszureizen und können bei Bedarf weggeklappt werden. Vor allem das oberste Bett ist schwer zu erreichen, da es nur einen schmalen Tritt für einen Fuß gibt und man ansonsten das Bett seiner Mitmenschen nutzen muss (selbe Strecke wie oben: ca. 20 Euro).

4-berth Sleeper für Leute mit Schlafbedürfnis

4-berth Sleeper siedeln sich schon im Premiumbereich an, wenn man es so
will. Hier findet man 4 etwas bequemere Betten in einem Abteil der gleichen Größe wie dem 6-berth. Ein Tisch in der Mitte bietet für den Tag eine schöne Möglichkeit zu speisen oder mit seinen Mitmenschen Karten zu spielen. Es gibt über der Tür genug Stauraum für Gepäck, da hier das untere Bett aber nicht fast auf dem Fußboden ist, kann man seinen Backpack auch darunterschieben (maximal 25 Euro).

Meistens findet man zwischen den 4-berth Abteilen auch noch ein oder zwei VIP-Berths, die nur zwei Betten beinhalten. Dafür zahlt man allerdings das doppelte des 4-berth Sleepers. Und wenn man Glück hat, so wie wir, hat man manchmal auch das 4-berth Abteil für sich.

Und dann fuhren wir von Hanoi bis Saigon mit der Bahn

Das Bahnfahren war etwas, auf was ich mich wirklich sehr gefreut habe. Nach Busfahrten in engen Minibussen über Straßen, die eigentlich mehr Löcher als Asphalt hatten, konnte das hier ja nur gut werden. Man kann bei Langeweile ja auch einfach mal durch den Zug spazieren gehen, sich einen Tee machen (oder Instant Nudeln, des gibt ja heißes Wasser in jedem Wagen), sich hinlegen oder sich setzen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und es passte auch gut, dass fast alle wichtigen Stationen unserer Reise auf der Strecke lagen. Ich werde die unterschiedlichen Etappen gerne kurz für euch beschreiben.

Von Hanoi bis Hue – über Nacht

Unsere erste Teilstrecke führte uns von Hanoi bis Hue. Ich bin ein riesiger Fan von Nachtzügen und habe mich so gefreut, dass wir das Abteil für uns allein hatten. Wir hatten die zwei unteren Betten gebucht und waren sehr positiv überrascht, wie sauber und modern das Abteil war! Strahlend weiße Module, angenehmes Licht, Blumendekoration und überdies zwei Flaschen Wasser umsonst – was will man mehr? Das Bett war sehr bequem und ich war nach unserer Marathontour nach Halong eh schon total fertig (darüber habe ich bereits hier berichtet).

Von Hanoi nach Saigon mit der Bahn
Ein müdes Ich mit unnötig gekaufter Verpflegung (das Wasser war schon da)

Auf der 13-stündigen Etappe, die gegen 22 Uhr in Hanoi startete, war also mehr als genug Zeit, um sich auszuschlafen. Gegen 2.30 Uhr wurde ich allerdings wieder wachgerüttelt. Nicht, weil etwa jemand unser abgeschlossenes Abteil betreten wollte, sondern weil der Zug sich anfühlte, als würde er gleich aus den Gleisen springen. Da zeigt sich die Krux des vietnamesischen Schienenverkehrs: Teilweise stammen die Gleise noch aus der französischen Kolonialzeit und viele Wartungsarbeiten werden wohl nicht vorgenommen. So holpert die Bahn bei 25 km/h teilweise stundenlang über die Strecke! Kein Wunder, dass diese übersichtliche Strecke von 600 Kilometern eine Fahrtzeit von über einem halben Tag hatte.

Dennoch kann man wirklich gut schlafen. Eine gute Decke und ein fluffiges Kissen sind vorhanden, aber zur Nummer sicher lege ich mir dennoch meistens meinen Schlafsack auf das Laken. Eine schöne Überraschung folgte am Morgen, denn nicht nur der grüne Ausblick aus dem Fenster erfreute die Gemüter, sondern auch das freundliche Klopfen des Personals, das uns Frühstück brachte. Ja, Frühstück inklusive! Eine lecker gefüllte, warme Teigtasche und etwas Wasser. Und wenn man möchte, kann man für ein paar Cent noch ein gekochtes Ei kaufen oder einen Kaffee. Da freut man sich so sehr, dass man die Bahn gar nicht mehr verlassen möchte.

Von Da Nang nach Nha Trang – am Tag

Unsere zweite Fahrt führte uns von Da Nang nach Nha Trang. Da unsere Fahrt gegen 11.30 Uhr startete und wir am frühen Abend ankommen sollten, lohnte sich eine Buchung des Schlafwagens nicht. 😉 Wir haben uns die zwei hintersten Plätze in einem Soft Seat Wagen gebucht und waren auch hier wieder sehr positiv überrascht, dass die Sitze nicht nur sehr breit, sondern auch extrem bequem waren. Das machte den 8-stündigen Trip recht angenehm, denn auch hier musste ich wieder einmal feststellen: Wir sind mit der Schneckenpost unterwegs – teilweise fuhr die Bahn mit gerade einmal 12 km/h.

Das Großraumabteil ist ziemlich großzügig gestaltet. Über den Sitzplätzen sind Fächer für Gepäckangebracht, in die man auch Menschen stapeln könnte. 🙂 Das ist natürlich perfekt, wenn man einen großen Rucksack dabei hat und sein Gepäck nicht unbeaufsichtigt lassen möchte (und definitiv auch nicht sollte!). Und was jetzt an dieser Stelle vielleicht überrascht, aber nicht überraschen sollte: auch auf dieser Fahrt gibt es wieder ein inkludiertes Essen! An diesen Service könnte ich mich gewöhnen – looking at you, Deutsche Bahn! Dieses Mal gab es Reis mit Garnelen, gedämpften Gemüse, Melone und Wasser.

Die Strecke an sich ist nicht wirklich spektakulär und da es während unserer Zeit in Vietnam fast ausschließlich regnete, sah man generell nur überflutete Reisfelder und grüne Berge, die in tiefhängenden Wolken verschwanden. Daher gibt es auch einen Fernseher im Wagen, der lautstark Zeichentrickfilme und koreanische Dramen zeigt. Wer da schlafen will, muss sich wohl mit Ohrenstöpsel behelfen.

Von Nha Trang nach Saigon – igitt!

Das Schöne am Nachtzug ist ja eigentlich, dass man das Maximale aus dem Tag rausholen kann und frühmorgens (gut erholt) an einem anderen Ort aufwacht. Und so haben wir für die letzte Teiletappe den Nachtzug gebucht, um von Nha Trang nach Ho Chi Minh Stadt/Saigon zu fahren. Dazu muss ich etwas ausschweifen. Die Bahn sollte 20.30 Uhr fahren und 5.20 Uhr in Saigon eintreffen. Am Bahnhof warteten auch eine Menge Leute – allerdings auf einen verspäteten Zug. Dementsprechend rückte unsere Bahn auf einem Worddokument auf dem Bildschirm um 15 Minuten nach hinten. Daraus wurden 30. Und dann nochmal 30. Und im Endeffekt kam die Bahn erst gegen 22 Uhr. Interessanterweise störte das aber niemanden, sondern wurde einfach so hingenommen. Ich nahm das auch mal so hin, denn ich kenne es in Asien inzwischen nicht mehr anders.

von Hanoi nach Saigon mit der Bahn

Wie eingehend erwähnt, haben wir hier eine Bahn nehmen müssen, deren 4 berth sleeper nicht ausgebucht waren und ein bisschen bereue ich es im Nachhinein. Da diese Bahn keine durchgehende Strecke bediente, werden auf den Teilstrecken etwas ältere Wagen in die Pflicht genommen. Und nun ja, dieser Schlafwagen war etwas komplett anderes als der erste: dreckige Fußböden, hässliche, braune, abgenutzte Decken und Kopfkissen, eine orangefarbene Lampe, die als Notlicht brannte und eine wackelige Tür.

Wir hatten wieder die zwei unteren Betten und sowie ich mich setzte, krabbelte eine daumengroße Schabe über den Tisch. Ich habe kein Problem mit Krabbeltierchen, doch neben meinem Bett…? Keine Frage, ich habe mich in meinen Schlafsack gewickelt und gehofft, dass ich von hässlichen Überraschungen verschont bleibe. Zumindest bis ich aufgewacht bin, da sich die Bahn dem Ziel näherte und ich etwas verschlafen an der Wand hinter mir eine große Schabe entdeckte. Igitt!

Bahnfahren macht trotzdem Spaß!

Nutzt die Bahn, wenn ihr in Vietnam seid und falls es Bahnenthusiasten unter euch gibt, so kann ich euch einen Gesamttrip nur ans Herz legen. Die Mitarbeiter sind freundlich (und vor allem interessiert, es passiert nicht oft, dass Ausländer im Soft Seat Bereich mitfahren). Die Buchung ist wirklich unproblematisch und an manchen Bahnhöfen stehen ein paar Damen mit Snacks und Instantnudeln, die man sich während des Haltes holen kann.

Habt ihr schon Erfahrungen mit der Bahn in Vietnam gemacht? Was waren eure Higlights auf der Strecke?

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